Angebaut wird Hafer in Europa erst
seit etwa 3000 Jahren – erst, weil Weizen und Gerste
schon viel früher landwirtschaftlich genutzt wurden.
Bereits zwei Jahrtausende zuvor wurde eine
Wildform (Avena fatua, Flughafer) aus Vorderasien
als zu anderem Getreide beigemengtes «Unkraut»
eingeschleppt.
Die Zeit für eine vermehrte Kultivierung des Hafers
kam gegen Ende der Bronzezeit (1000 v.Chr.), als
eine Klimaverschlechterung mit Kälte und starken
Regenfällen eintrat. Hafer gedieh trotzdem, denn
er stellt keine großen Ansprüche an den Boden,
liebt ein gemäßigt-kühles Klima und braucht viel
Wasser.
Bei den Griechen und Römern war der Hafer wenig geachtet, denn wahrscheinlich kannten sie nur den Flughafer, Avena fatua, als lästiges Feldunkraut. Seine Veredelung durch zielbewusste Kulturauslese erfolgte vermutlich in der kaspisch-kaukasischen Tiefebene oder in dem daran angrenzenden turkestanischen Tiefland, von wo er schon in vorgeschichtlicher Zeit seinen Weg nach Nordwesten fand. Nördlich der Alpen lernten ihn die Römer als „barbarisches Brotkorn der Germanen“ kennen. Plinius berichtete, dass die Germanen Hafer säten und keinen anderen als Haferbrei ässen. Er war der Meinung, dass der Hafer ein unter dem Getreide vorkommendes Unkraut sei und durch Entartung der Gerste entstünde. Noch heute dient der Hafer im Süden überwiegend als Tierfutter.
Die Bedeutung des Wortes Avena, womit die Römer sowohl den wilden als auch den kultivierten Hafer bezeichneten, ist noch nicht geklärt. Vermutlich liegen ihm die Sanskritworte avi, was „Schaf“ bedeutet, oder avàsa, was „Nahrung“ heisst, zugrunde. Grimm hat nachgewiesen, dass der Name des Hafers sich in fast allen europäischen Sprachen mit dem des Bockes berührt. Demnach wurde der Hafer als Futter des Ziegenbockes bezeichnet.
Bei den Heilkundigen der Antike spielte der Hafer keine Rolle. Erst im Mittelalter wurde er gebührend erwähnt und im Laufe der Zeit wurden seine Anwendungsgebiete erheblich erweitert.
Jahrhunderte hindurch diente der Hafer als wichtiges
Grundnahrungsmittel («Habergrütze») der Menschen. Im Laufe der Zeit wurde er vor allem als
Futtermittel für Pferde und Geflügel gebraucht.
In der Schweiz wird heute, mit Ausnahme geringer
Bio-Knospe-Mengen, praktisch nur Futterhafer angebaut.
In den letzten Jahren geht der Trend dahin, dass
Hafer in der Nahrungsmittelindustrie wieder eine
größere Rolle spielt. Dazu beigetragen haben veränderte
Essgewohnheiten und ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein.
Wie alle anderen Körnergetreide wird Hafer der Familie der Süßgräser (Poaceae) zugeordnet. Er unterscheidet sich von Weizen, Gerste oder Roggen jedoch dadurch, dass sein Korn nicht an kompakten Ähren reift, vielmehr sitzen die verschieden großen, spindelförmigen Körner in kleinen Ährchen, die an verzweigten, etwa 15 bis 30 Zentimeter langen Rispen hängen. Die zwei- bis dreiblütigen Ährchen sind zwittrig, wie bei den meisten Getreidearten. Die Deckspelze der oberen oder beider Blüten ist unbegrannt. Nach der Fruchtreife hängen die Ährchen herab. Das Getreidekorn ist eine einsamige Schliessfrucht (Karyopse), die von den Spelzen fest umschlossen bleibt, oder in der Reife aus den Spelzen herausfällt (sog. Nackthafer). Der Hafer ist das luftigste, lichtliebendste der einheimischen Getreide.
Der Hafer wächst als einjähriges, in Büscheln oder mit einzelnen Halmen wachsendes Gras. Die hohlen, kahlen Halme werden 20 bis 150 cm hoch und sind unverzweigt. Die Blattscheiden sind bis zum Grund geöffnet und die 3 bis 20 mm breiten, meist flach ausgebreiteten Blattspreiten sind in der Knospenlage gerollt. Aufrecht, locker und weit ausgebreitet steht die Rispe mit ihren weit abstehenden, wenig verzweigten, dünnen Seitenästen.
In den meisten Anbaugebieten wird das einjährige, selbstbefruchtende Getreide als Sommerhafer angebaut. Wegen der für ein Getreide relativ langen Wachstumszeit erfolgt die Aussaat im Februar/März, die Ernte im August.
Der Hafer ist eine Ruderalpflanze, d.h er gedeiht auf stickstoffreichen Schutt- und Abfallplätzen und an Weg- und Strassenrändern von der Ebene bis in Gebirgslagen. Er ist eine sekundäre Kulturpflanze, die zunächst als unerwünschter Begleiter von anderen Getreidearten auftrat. Er braucht, im Gegensatz zur Gerste, viel Feuchtigkeit. Seine Saftigkeit macht ihn zum Grünfutter geeignet, er ist Gras und Korn zugleich. Der im Haferfeld häufig als Unkraut wachsende Ackersenf entsäuert den Boden, der vom Hafer stark versäuert wird. Versuche zeigen, dass unkrautfrei gewachsener Hafer weniger robust ist als solcher, der zusammen mit Ackersenf wächst.
Die Gerste gehört zu den trockenen Mittelmeerländern, der Hafer zu den regenreichen, kühleren, aber mit langen Lichttagen gesegneten nordischen Bergländern. Der Hafer wird mittlerweile fast weltweit in den niederschlagsreichen Gebieten der gemässigten Zonen angebaut. Seine Produktionsmenge steht noch vor der Gerste oder dem Roggen.
A.Vogel/Bioforce verwendet die oberirdischen Pflanzenteile des Hafers aus biologischem Anbau, die zur Blütezeit geerntet werden. Die Haferpflanze wird in frischem Zustand kleingeschnitten und mit Alkohol zur Urtinktur mazeriert. Für die homöopathischen Dilutionen wird die Urtinktur von Hand in Verdünnungsstufen potenziert.
Zur Ernährung dienen Hafermehl, -flocken und die -grütze, die einen besonders hohen Nährwert hat. Hafermehl dient in der Nahrungsmittelindustrie als Stabilisator, z.B. für Eiscrèmes und in der Kosmetikindustrie in Hautpflegepräparaten. Ferner wird der Hafer als Tierfutter genutzt und u.a. für die Ethylenproduktion eingesetzt.