«Die Malve im Gemüsegarten lässt den Doktor draussen warten», sagt ein spanisches Sprichwort. Sie grüsst von Juni bis September mit wunderhübschen Blüten vom Wegesrand, ist aus Bauerngärten nicht wegzudenken und schon seit dem Altertum als Arzneipflanze anerkannt.
Die Malve gehört zu den ältesten Nutzpflanzen und wurde schon sehr früh als Gemüse- und Heilpflanze angebaut. Der hohe Schleimgehalt lenkte bereits im Altertum das Interesse der Ärzte auf sie. Die alten Chinesen schätzten sie als Heilmittel gegen Husten, Heiserkeit und Lungenkatarrh, und bei den Römern wurden Malven mit Öl und Salz, Wein oder Honig zu einem Mittel verkocht, das vielversprechend «omnimorbium» hiess – «heilsam gegen alle Krankheiten».
Hildegard von Bingen nannte die Malve «Babela» und hielt sie fälschlicherweise in rohem Zustand für giftig. Gekocht empfahl sie sie jedoch zur Verdauungsförderung. Alfred Vogel kannte Malventee-Kompressen als probates Mittel zur Behandlung von Brustentzündungen.
Malve, Stockrose, Eibisch und Hibiskus gehören alle zu den Malvengewächsen. Doch gehen die Namen oft ein wenig durcheinander. Unsere häufigsten einheimischen Malvenarten sind die Wilde Malve (Malva sylvestris) und die Weg-Malve (Malva neglecta), auch Gänse-Malve genannt. Wir kennen sie auch als Käsepappel oder Chäslichrut, und viele haben als Kinder die frischen Früchte («Katzenkäse») gern gegessen.
Die Wilde Malve wird oft auch als Blaue Malve bezeichnet, da ihre Blüten beim Trocknen das Rosa verlieren und eine kräftige blaue Farbe annehmen. Seltenere wild vorkommende Malvenarten sind die Kleinblütige Malve (Malva pusilla) und die Moschus-Malve (Malva moschata).
In Gärten findet man meist die Stockrose oder Stockmalve (Alcea rosea), deren üppige Blütenrispen mit bunten Farben von weiss, hellgelb, allen Rosatönen bis hin zu einem tiefdunklen, fast schwarz erscheinenden Rot prunken. Aber auch der Echte oder Arznei-Eibisch (Althaea officinalis) wird manchmal als Stockrose, Weisse Malve oder Weisse Pappel bezeichnet.
Für besondere Verwirrung sorgt der Malventee: Damit ist nämlich oft der rote Tee aus Hibiskusblüten (Hibiscus sabdariffa) gemeint, die auf Ceylon, Java und in Mexiko angebaut werden. Wegen seines säuerlichen Geschmacks ist er erfrischend und sehr beliebt. Aber natürlich kann man auch aus den einheimischen Malvenarten Tee zubereiten. Dessen medizinische Wirksamkeit ist im Gegensatz zum Hibiskustee belegt.
Alle einheimischen Malvenarten einschliesslich der Stockrose und des (ge-schützten) wilden Eibischs enthalten medizinisch wirksame Schleimstoffe. Daher wohl auch der Name Käsepappel – nämlich von «Pap» oder «Pappe» für Brei. Der botanische Gattungsname Malva leitet sich vom griechischen «malakos» für weich ab, womit auf die erweichende und schleimlösende Wirkung der Pflanze verwiesen wird. Für Tees, Bäder und andere Rezepte wird fast immer die Wilde oder Blaue Malve, M. sylvestris, verwendet.
Die Malve wirkt reizmildernd, entzündungshemmend, wundheilend und we-gen ihres Gehaltes an Gerbstoffen auch zusammenziehend. Die getrockneten Blätter und Blüten helfen als Tee bei Katarrhen der Atemwege, Reizhusten, Heiserkeit, Halsentzündungen sowie bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum. Dabei bilden die Schleimstoffe einen Schutzfilm für empfindliche Hautbereiche. Malven helfen auch äusserlich bei Reizungen, Haut- und Nagelbettentzündungen und Insektenstichen.
Die Farbe Lila
… ist nach der Malve benannt: französisch «mauve». Für die Farbgebung verantwortlich sind die wasserlöslichen Anthocyanfarbstoffe Malvin und Myrtillin. So wird ein Bad mit Malvenblüten zum blauen Traum, der Ayurveda-Tee mit dem Namen «Vata» hat dank beigemischten Malvenblüten eine tiefblaue Tönung, eine iranische Malvenart, die ebenfalls für Tee verwendet wird, ergibt ein Hellblau bis Türkis. Malventee kann man auch zum Eierfärben verwenden: Mit Malva sylvestris erhält man hübsche Blau- und Violetttöne, mit «Malventee» aus Hibiskus dagegen rote Eierschalen.
«Mauve», malvenfarbig, ist aber auch die Bezeichnung für eine Modefarbe mit ganz eigener Geschichte: Der 18-jährige chemiebegeisterte William Perkin wollte 1856 eigentlich ein Mittel gegen die Malaria herstellen – bei seinem Experiment entstand jedoch der künstliche Farbstoff Mauvein (auch Anilinpurpur), ein intensives Lila.
Diese Zufallsentdeckung wurde zum kommerziellen Erfolg: Der Farbton war in der Textilherstellung völlig neu, von hoher Färbekraft und bestechender Farbechtheit. Er wurde zum modischen Schlager, als Queen Victoria Mauve zur Hochzeit ihrer Tochter trug, und die französische Kaiserin Eugénie befand, die neue Farbe passe besonders gut zu ihren Augen. Diese beiden «Trendsetter» lösten ein wahres Mauve-Fieber bei der Damenwelt Europas aus.
Grossmutter verwendete Malvenblätter auch in der Küche: Als Beigabe zu Mischgemüsen, im Wildkräutersalat oder in Suppen. Die milden, etwas nussig schmeckenden Früchte wurden in Essig eingelegt.
Auch heute kann man mit der Malve küchentechnisch experimentieren: Junge, zarte Malvenblätter, gekocht und mit Olivenöl, Zitrone, Salz und Pfeffer angemacht, sind in Italien beliebt; unreife Samenkapseln sind eine ungewöhnliche Salatbeigabe, und die Blüten machen sich sehr hübsch als Dekoration für Salate, Eis und Desserts.
Malve und Schönheit
In der Kosmetik hat sich die Malve einen festen Platz erobert, besonders in Pflegelinien für sensible und trockene Haut. Aber auch im Do-it-yourself-Verfahren schmeichelt sie Haut und Haar: Ein Malvenbad ist ganz besonders bei gespannter, gereizter oder juckender Haut und nach einem Sonnenbad überaus wohltuend. Es beruhigt auch von Heuschnupfen verquollene Gesichter, lindert leichten Sonnenbrand, und sogar kleine Fältchen sollen sich mit einem Malvenbad glätten lassen.
Ein Augenbad mit kühlem Malvenwasser erfrischt die Augen und macht sie klar und hell. Gegen rote Äderchen ist eine Malvenblütenkompresse sehr effektiv. Eine Spülung aus Malvenwurzeln oder zwei Teelöffeln kalt eingeweichten Blüten ist gut für angegriffenes oder sprödes Haar; allerdings nicht für blondes, da es Farbe annehmen könnte. Graues Haar kann man mit einer solchen Spülung leicht bläulich tönen.
Autorin: Dr. Claudia Rawer