Obst und Gemüse in der EU weisen laut der Umweltschutzorganisation Global 2000 hohe Belastungen durch hormonell wirksame Chemikalien auf. Solche Stoffe werden hauptsächlich durch den Einsatz von Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln auf die Lebensmittel übertragen.
Bei einem EU-weiten Test wurden bei einzelnen Gemüsen bis zu 30 verschiedene Pestizidrückstände gefunden. An der Spitze der Negativliste: Kopfsalat, Tomaten, Gurken und Lauch.
Die Chemikalien greifen in den Hormonhaushalt des Körpers ein und können mit einer Reihe von Krankheiten in Zusammenhang stehen, darunter Fruchtbarkeitsstörungen, hormonell bedingte Krebserkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs, Fettleibigkeit und Diabetes.
Bei dem gemeinsam mit dem Pesticide Action Network (PAN) durchgeführten EU-weiten Test kamen bedenkliche Ergebnisse zutage. So lagen die durchschnittlichen Belastungen durch hormonell wirksame Pestizide zwischen 600 Mikrogramm pro Kilo Äpfel oder Lauch, ein Kilo grüner Salat wies gleich 1300 Mikrogramm auf. «Das ist beunruhigend», so Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei Global 2000. Denn: «Eine Anti-Baby-Pille beinhaltet im Vergleich dazu maximal 200 Mikrogramm synthetische Östrogen- und Gestagen-Hormone.»
Die Umweltschutzorganisation rät den Konsumenten, Obst und Gemüse nur mehr aus biologischem Anbau zu kaufen. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Belastung bei Bio-Lebensmitteln um das 50- bis 100-fache niedriger ist als bei herkömmlichen.
Nicht nur Übergewicht und mangelnde Bewegung haben einen Einfluss auf das Diabetes-Risiko, sondern auch der Kontakt mit Pestiziden. Laut einer Übersichtsstudie von Wissenschaftlern aus Griechenland und Großbritannien erhöht sich das Risiko, an Diabetes zu erkranken, um über 60 Prozent, wenn die Teilnehmer Kontakt mit Pestiziden hatten.
Dabei erhöhen bestimmte Stoffe das Diabetes-Risiko offensichtlich stärker als andere. Dazu zählen zum Beispiel einige Chlorverbindungen wie Chlordan, Dieldrin, Heptachlor, Hexachlorobenzol und Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT). Obwohl die genannten Stoffe längst verboten sind, können sich Rückstände immer noch im Boden und in der Nahrungskette halten.
Die Lebensmittel zu waschen, hilft übrigens kaum: «Aus hygienischer Sicht ist es sinnvoll, aber die Rückstände werden dabei kaum beseitigt», sagte Burtscher.
Global 2000 hat gemeinsam mit PAN eine Informationsbroschüre verfasst, die auf die Gesundheitsrisiken durch hormonell wirksame Chemikalien aufmerksam macht und Tipps zu deren Vermeidung bietet.
Dänische und amerikanische Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Schwermetalle, aber auch Pestizide und Lösungsmittel erheblichen Schaden an der Gehirnentwicklung von Ungeborenen nehmen können. Umweltgifte wie Blei, Quecksilber, Arsen, polychlorierte Biphenyle und Toluol sind bekannt für ihre schädliche Wirkung. Aber auch Mangan, Fluor- und Chlorverbindungen sowie Organophosphat-Pestizide, das Lösemittel Tetrachlorethylen sowie bromierte Diphenylether, die als Flammschutzmittel eingesetzt werden konnten im Nabelschnurblut nachgewiesen werden. Insgesamt wissen die Forscher über 200 verschiedene Chemikalien nach.
Da die Substanzen aus dem Blut der Mutter ungefiltert auf das Ungeborene übergehen, sind die Ungeborenen besonders gefährdet. Verminderte geistige Leistungen, aber auch Verhaltensstörungen wie Autismus oder Hyperaktivität können die Folgen sein. In der Europäischen Union werden die Intelligenz-Einbussen allein durch die Quecksilberbelastung auf rund 600000 IQ-Punkte geschätzt.
Glyphosat ist der am häufigsten eingesetzte Wirkstoff in Herbiziden und wegen seiner vermuteten gesundheitsschädigenden Wirkung umstritten. Zwar konnte das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nach der Auswertung von über tausend Studien keine Hinweise auf eine krebserregende, reproduktions- oder fruchtschädigende Wirkung finden. Dennoch könnten bestimmte Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff giftiger sein als das Glyphosat selbst.
Einem «Ökotest»-Bericht aus dem Jahr 2013 zufolge wurden in drei Viertel der untersuchten Fälle Glyphosat in Mehl, Haferflocken oder Backwaren nachgewiesen, obwohl diese eigentlich keines enthalten dürften. Seit kurzem gelten daher beim Einsatz von Glyphosat Einschränkungen für Menge und Häufigkeit.
Doch wirksame Kontrollmechanismen fehlen. Umweltschützer kritisieren den stetig steigenden Einsatz des Wirkstoffs mit drastischen Folgen für die Tier- und Pflanzenvielfalt. So schädigt der massive Einsatz in der Landwirtschaft Amphibien oder Insektenlarven. Nach Angaben des deutschen Umweltbundesamtes ließen sich bis zu 15 Prozent des Glyphosats allein in der Landwirtschaft einsparen, insgesamt sei eine Reduktion um tausend Tonnen pro Jahr möglich. In Deutschland wurden 2012 knapp 6000 Tonnen verkauft, in der Schweiz gehen Schätzungen von rund 300 Tonnen pro Jahr aus.
Quelle: daserste.de, sience.orf, spiegel.de, oekotest.de, wissenschaftaktuell.de.