Rund zehn Prozent der Menschen leiden an wiederkehrenden Verdauungsproblemen und oft ist ein sogenannter Reizdarm die Ursache. Nur ein Teil der Leidenden sucht fachkundige Hilfe. Dabei lassen sich die Beschwerden wirkungsvoll durch Naturheilmittel lindern.
Wenn Markus N. das Haus verlässt, kontrolliert er stets,
ob er alles eingesteckt hat: Agenda, Handy, Taschentuch,
Wohnungsschlüssel – und ein schnell wirkendes Medikament gegen
Durchfall. Der 44-Jährige leidet an einem sogenannten Colon irritabile.
Seine Erkrankung ist auch unter verschiedenen anderen Namen bekannt:
Reizkolon, Reizdarm-Syndrom (RDS), funktionelle Störung des
Magen-Darm-Trakts oder «irritable bowel syndrome» (IBS).
Ein Reizdarm ist eine jener Krankheiten, die sich nicht bei allen Betroffenen mit den gleichen Beschwerden bemerkbar machen. Weil sich ihre Anzeichen beispielsweise mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten oder einem Darminfekt überschneiden können, dauert es oft lange, bis sie richtig diagnostiziert und entsprechend behandelt wird. Reizdarm-Patienten haben häufig einen langen Leidensweg hinter sich, bis sie kompetente Hilfe erhalten.
Manche Betroffene leiden vor allem an Verstopfung,
andere sind eher vom Gegenteil betroffen, wie Markus N. Wenn er ein
Zwicken und Rumoren im Bauch spürt, muss er rasch zu seinen Tabletten
greifen, es machen sich erste Anzeichen von Durchfall
bemerkbar. Bei anderen Erkrankten stehen vor allem Blähungen,
Druckgefühle oder Bauchkrämpfe im Vordergrund. Auch übermäßige
Magengeräusche wie Gurren und Glucksen können mit einem Reizdarm
zusammenhängen, und die Symptome können immer wieder wechseln.
Während bei den einen Patienten die Beschwerden häufig und in kurzen Abständen auftreten, haben andere manchmal jahrelang Ruhe. So erging es Iris W. Die Reinigungsfachkraft erwachte nachts mit einem starken Druckgefühl im Bauch. In den folgenden Tagen fühlte sie sich trotz Schonkost nicht viel besser. Besorgt konsultierte sie einen Facharzt für Magen-Darmleiden. Dieser untersuchte sie eingehend und ließ sich auch über ihre aktuelle Lebenssituation informieren. Anschließend schaute er sich mit einer Sonde den Dickdarm von innen an.
Er konnte sie
beruhigen: Sie litt nicht an einem Tumor, wie sie gefürchtet hatte. In
ihrem Darm herrschte lediglich ein zünftiger, aber letztendlich
harmloser Aufruhr. Im Gespräch mit dem Arzt stellte sich heraus, dass
die Symptome ziemlich genau dann begonnen hatten, als der
Alleinerziehenden die pubertätsbedingten Probleme ihrer Tochter über den
Kopf wuchsen. Es fiel ihr auch ein, dass sie vor Jahren schon einmal
über Wochen unter Verdauungsstörungen gelitten hatte – damals war ihre
Ehe in die Brüche gegangen. Seinerzeit ließ sie sich nicht ärztlich
abklären und behandeln, sondern versuchte mit Tee, Zwieback und
Gemüsebrühe über die Runden zu kommen. Schließlich hörte das
Bauchrumoren von selbst wieder auf.
Dass,
wie bei der 42-jährigen Iris W., die Beschwerden vor allem in
schwierigen Lebenssituationen auftreten, kann für einen Reizdarm typisch
sein. Stress und Ärger können die Symptome erheblich verstärken. Die
Forschung geht von genetischen Einflüssen als zusätzlichen Auslösern aus.
In manchen Familien treten Probleme mit der Verdauung gehäuft auf.
Weshalb allerdings Frauen ungefähr dreifach so häufig an einem Reizdarm
erkranken wie Männer, ist bisher ungeklärt.
Rätselhaft ist auch, wieso viele Reizdarm-Patienten gleichzeitig unter depressiven Verstimmungen und/oder Angstzuständen leiden. Auch Migräne und Rückenprobleme sowie Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen kommen bei diesen Menschen gehäuft vor. Spekuliert wird über einen Zusammenhang mit einem Nervenbotenstoff, der auch die Darmsteuerung beeinflusst.