Um die angeblich positive Wirkung von Bier bei Erkältungen und auf die Gesundheit generell ranken sich zahlreiche Legenden. Was stimmt? Was stimmt nicht? Wir klären auf.
• Adrian Zeller
«Warmes Bier kuriert Erkältungsleiden im Schlaf», «Siegeshungrige Sportlerinnen und Sportler sollten mehr Bier trinken», was ist dran an solchen Behauptungen? Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) versucht jeder vierte Mann (26,7 Prozent) ab 60 Jahren Erkältungssymptome mit alkoholischen Getränken wie Grog, Glühwein oder Kräuterschnaps zu kurieren.
In der Bierhochburg Bayern, am Wissenschaftszentrum für Ernährung, Landnutzung und Umwelt in Weihenstephan, wollte man genauer wissen, was in Bezug auf die gesundheitliche Wirkung von Gerstensaft Dichtung und was Wahrheit ist. «Bier, mit Mass genossen, ist gesund», bringt eine Medienmitteilung der Technischen Universität München, der das Weihenstephaner Zentrum angeschlossen ist, die Analyse auf den Punkt.
Unter Umständen kann ein warmes Bier bei einer Erkältung tatsächlich positiv wirken. Vor allem, wer erkältet ist und Probleme beim Einschlafen hat, profitiert von den positiven Eigenschaften des Hopfen: Die in ihm enthaltenen ätherische Öle und Bitterstoffe fördern den Schlaf. Ein Stoff, Methylbutenol, wird in der Naturheilkunde schon lange als Beruhigungsmittel verwendet, denn Hopfen ist eng mit der Cannabis-Pflanze verwandt. Aber ob das Bier genauso gut wirkt, wie der Hopfen, dieser Nachweis steht noch aus.
Fest steht, dass Bier eins der komplexesten Lebensmittel ist, die es gibt. Wissenschaftler schätzen die Zahl der Inhaltsstoffe auf ca. 10.000, von denen eine Vielzahl noch gar nicht erforscht ist. Zum Vergleich: Im Kaffee, ebenfalls einem Naturprodukt, lassen sich rund 800 Substanzen nachweisen.
Seit Jahren fordert das kühle Blonde Forscherinnen und Forscher heraus; international liegen bisher über 2700 Studien über den Zusammenhang von Bier und Gesundheit vor. Die Neugier der Wissenschaft erstaunt wenig, denn Bier ist in verschiedener Hinsicht ein sehr interessantes Getränk.
Die im Bier enthaltenen Bitterstoffe wirken antibakteriell, was dem Körper im Kampf gegen Krankheitserreger hilft. Wichtig ist jedoch, dass das Bier nur warm und nicht heiß getrunken wird. Sonst verflüchtigen sich die guten Inhaltsstoffe. Weniger gut für die Erkältungsgesundung ist hingegen der im Bier enthaltene Alkohol. Er entzieht dem Körper Wasser, das für die Genesung eher hinderlich ist. Gänzlich verzichtet sollte auf Alkohol bei Fieber werden und wenn Medikamente eingenommen werden.
Fazit: Ein warmes Bier kann die Einschlafqualität allenfalls unterstützen, sollte jedoch niemals die einzige Maßnahme gegen Erkältungen sein.
Weitere Mythen rund um das Thema Bier und Gesundheit:
«Von besonderer Bedeutung für den Gesundheitswert des Bieres ist die Vielfalt von positiven Substanzen und deren ausgewogene Konzentration», betont die TU München. Im Getränk, das üblicherweise aus Gerste, Hefe, Hopfen und Wasser hergestellt wird, sind unter anderem Aminosäuren, Vitamine, Spurenelemente, Mineralien, Harze, ungesättigte Fettsäuren, sekundäre Pflanzenschutzstoffe sowie Kohlenhydrate enthalten. Die Sporthochschule in Köln zählt alkoholfreies Bier zusammen mit Apfelschorle und Himbeersaft zu den besonders hochwertigen isotonischen (d. h. organismusverträglichen) Getränken. In einer Befragung von 360 Sporttreibenden gaben 92 Prozent an, sie würden sich vor oder nach einem Wettkampf einen (meistens alkoholfreien) Schluck Bier gönnen.
Damit führen sie sich eine Extraportion Kalium und Magnesium sowie Kohlenhydrate zu, die für die optimale Muskeltätigkeit wichtig sind.
Manche Sportler greifen schon am Abend vor dem Wettkampf zum Glas, um ihre Anspannung zu dämpfen. Insbesondere die sekundären Pflanzenschutzstoffe Lupulon und Humulon wirken stressabbauend. Sie gelangen via Hopfen ins Bier. Dieser gibt dem Getränk sein charakteristisches herbes Aroma und trägt auch zur Haltbarmachung des Naturprodukts bei. Für manche Männer gehört nach einem anstrengenden Arbeitstag ein Feierabend-Bier in der Kollegenrunde ganz einfach dazu. Bei einem gemeinsamen Glas wurde schon manche zwischenmenschliche Unstimmigkeit aus der Welt geschaffen. Hintergrund dieser Förderung der Harmonie und des Zusammengehörigkeitsgefühls bilden ebenfalls Inhaltsstoffe des Hopfens, die entspannend auf die Psyche wirken. Unterstützt wird dieser Effekt durch das einander Zuprosten. Als fixes Ritual trägt es zusätzlich zum Konfliktabbau bei und ist symbolischer Ausdruck dafür, dass die Trinkenden keine feindseligen Absichten hegen.
Wenn sie allerdings einige Gläser über den Durst zu sich genommen haben, tun sich zwischen ihnen bisweilen auch gefährliche Gräben auf; auf Volksfesten wie dem Münchner Oktoberfest muss die Polizei immer wieder gewalttätige Streithähne trennen. Neben seinen positiven Eigenschaften kann der Konsum von Gerstensaft, wie der anderer alkoholhaltiger Getränke, heimtückische Folgen haben. Übermäßiger Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum richtet bleibende Schäden an verschiedenen Organen an. Viele Suchtkranke trinken Bier nicht um des Genusses willen, sondern weil Alkohol in dieser Form besonders preisgünstig ist.
Manche Menschen genießen vor dem zu Bett gehen ein Glas lauwarmes Bier, in dem ein Löffel Honig verrührt wurde. Diese Mischung gilt als zuverlässiger Schlummertrunk auf natürlicher Basis. Die Naturheilkunde setzt schon seit Jahrhunderten auf die beruhigende Wirkung weiblicher Hopfenblüten und setzt sie bei verschiedenen nervösen Leiden ein. Diese sind möglicherweise auch für die Entstehung des Bierbauchs mitverantwortlich. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist Bierkonsum – sofern er mäßig bleibt – kaum unmittelbar für eine erhebliche Gewichtszunahme verantwortlich. Ein Glas Wein enthält rund 150 Kalorien, ein kleines Glas Bier dagegen nur etwa 90. Durch seine entspannende Wirkung fördert der Gerstensaft jedoch den Bewegungsmangel und lässt so die Formen anschwellen.
Über den Hopfen gelangt auch ein östrogenartiges Hormon in das goldgelbe bis bernsteinfarbene Getränk. Ob dieses allerdings tatsächlich für die Bildung eines Bierbauchs mitverantwortlich ist, wie immer wieder behauptet wird, ist unter den Forschern umstritten. Einige Experten gehen davon aus, dass die verschwindend kleine Dosis unmöglich körperliche Auswirkungen haben kann. Diese Annahme gilt allerdings vor allem dann, wenn die konsumierte Menge im vernünftigen Rahmen bleibt. Als Faustregel empfehlen Fachleute, höchstens einen halben Liter Bier pro Tag zu trinken. Idealerweise sollte dieser über den Tag verteilt werden.
Bereits ab einem täglichen Liter Gerstensaft kehren sich viele der gesundheitlich positiven Wirkungen in ihr Gegenteil um, unter anderem kann der Blutdruck in gefährliche Höhen steigen. Durch den Alkohol nimmt das Sturzrisiko zu, und das Reaktionstempo verlangsamt sich; besonders im Straßenverkehr kann das lebensgefährliche Folgen haben.
Bier enthält eine Reihe von Substanzen, die den sogenannten oxidativen Stress im Körper verringern. Bestimmte aggressive Atomverbindungen beschleunigen den Zell-Alterungsprozess. Gleichzeitig erhöhen sie das Risiko, von Krankheiten wie Tumoren, Schlaganfall oder grauem Star betroffen zu werden.
Im Bier sind unter anderem die Hopfenbitterstoffe sowie die Polyphenole dafür verantwortlich, dass diese Gefahren reduziert werden. Aber auch hier kann sich die positive Wirkung ins Gegenteil verkehren: Hoher Alkoholkonsum fördert die Bildung schädlicher freier Radikale massiv.
Weitere im Bier enthaltene Substanzen schützen bei maßvollem Trinkverhalten die Gefäßwände, sie senken den Cholesterinspiegel und fördern die Fließeigenschaften des Blutes. Selbst die Tendenz zu Bluthochdruck wird reduziert. Die B-Vitamine unterstützen das Nervensystem sowie die Qualität von Haut und Haaren. Selbst das Risiko der Bildung von Nieren-, Gallen- und Blasensteinen wird durch Bier reduziert.
Die harntreibende Wirkung von Bier ist dagegen nicht belegt. Was zu einer vermehrten Ausscheidung führt, ist der Alkohol selbst, der als Diuretikum (harnabführende Substanz) eingesetzt wird. Die in der Gerste enthaltene Substanz Hordenin soll zwar ebenfalls diuretisch wirken, diese Wirkung ist allerdings nicht durch Studien belegt. Die stärkste diuretische Wirkung erzielt aber das enthaltene Wasser. Wird den Nieren viel Flüssigkeit zugeführt, so scheiden sie auch mehr aus. Wer alkoholhaltiges Bier trinkt, der scheidet jedoch noch mehr Flüssigkeit aus als jemand, der nur Wasser trinkt.
Bier ist im heutigen Irak erfunden worden. Der Legende nach fiel einem sumerischen Bäcker versehentlich ein Stück Brot in einen Krug mit Wasser. Nach einigen Tagen stellte er fest, dass sich beides zusammen in eine berauschende Substanz verwandelt hatte. Aus der Zufallsentdeckung wurde eine Erfolgsgeschichte: Das neuartige Getränk fand bei verschiedenen Völkern großen Anklang. Die Babylonier kannten bereits 20 verschiedene Biersorten. In 320 Paragraphen regelten sie die Qualitätsnormen und auch den Bierpreis. Die Bestimmungen sahen unter anderem vor, dass ein Panscher in seinem wässrigen Gesöff ertränkt werden sollte.
Auch die Ägypter kannten die Vorzüge des sogenannten «flüssigen Brotes» und entlöhnten ihre Pyramidenbauer mit Bier. Auch in Mitteleuropa, in China und in Südamerika wurde schon in alter Zeit Bier gebraut.
Einer Schlaumeierei ist es zu verdanken, dass Bier im Mittelalter zünftig an Qualität zulegte: nun interessierten sich Mönche für die Bierherstellung, weil in der Fastenzeit nur flüssige Nahrung erlaubt war. Die Gottesmänner sytematisierten den Brauvorgang, denn für die Güte eines Bieres ist die Qualität der Ingredienzien sowie die präzise Steuerung des temperaturabhängigen Brauvorgangs entscheidend. Die Qualitätssteigerung machte sich im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt, verschiedene Mönchsgemeinschaften verdankten ihren materiellen Reichtum unter anderem ihren Klosterschenken.