Omega-3-Fettsäuren gehören zu einer gesunden Ernährung, das hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber wieso eigentlich und worum handelt es sich? Autorin: Claudia Rawer
Omega-3-Fettsäuren gehören zu den als gesund geltenden, mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die den gesättigten Fetten vorzuziehen sind. Sie sind essenzielle Stoffe, also lebensnotwendig, und können vom Körper nicht selbst hergestellt werden. Zudem werden ihnen eine ganze Reihe von gesundheitsfördernden Eigenschaften zugeschrieben.
Einfach ungesättigte Fettsäuren kann der Körper selbst herstellen. Sie kommen außerdem in Oliven- und Rapsöl, Avocados und in vielen Nüssen (z.B. Mandeln, Pistazien, Erd-, Cashew-, Hasel- und Pekannüssen) vor. Isst man statt gesättigter vorzugsweise ungesättigte Fette, hat dies eine positive Wirkung auf den Blutcholesterinspiegel – daher unter anderem der gute Ruf der Mittelmeerküche.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren können wir als einzige nicht selbst herstellen, sondern müssen sie zuführen. Sie üben eine ganze Reihe wichtiger Stoffwechselfunktionen aus, beispielsweise in der Kindesentwicklung und im Wachstum. Man unterscheidet zwei Gruppen:
Linolsäure findet sich vor allem in Sonnenblumen-, Distel-, Maiskeim- und Weizenkeimöl. Sie kann im Körper zu der vierfach ungesättigten Fettsäure Arachidonsäure umgewandelt werden.
Arachidonsäure ist einerseits ein wichtiger Baustein der Zellmembran. Andererseits spielt sie eine negative Rolle, da aus ihr unter Umständen Stoffe entstehen können, die Entzündungen und Schmerzleitung fördern. Besonders bei Rheuma schreibt man der Arachidonsäure aus Nahrungsmitteln eine schädliche Wirkung zu.
Alpha-Linolensäure (ALA) steckt in pflanzlichen Ölen wie Leinsamen- oder Rapsöl, auch in den weniger bekannten Ölen aus der Chia- und der Perillapflanze, in Algen, Walnüssen und Blattgemüsen.
Diese Fettsäure ist die Vorstufe der biologisch aktivsten Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Der menschliche Körper kann ALA in EPA und DHA umwandeln, allerdings wohl nur um die 10 Prozent. Die Umwandlungsrate hängt vom Alter, vom allgemeinen Gesundheitszustand und von der Ernährung ab. .
Angereichert kommen EPA und DHA in tierischen Produkten, hauptsächlich in Fisch, und in bestimmten Algenarten vor. Auch Fische verdanken ihren hohen Gehalt an EPA und DHA ihrer Algennahrung.
Besonders wichtig ist eine ausreichende Versorgung mit diesen Fettsäuren in der Schwangerschaft, weil das Ungeborene einen hohen Bedarf an diesen Nährstoffen hat. DHA macht ein Viertel der essenziellen Fettsäuren im Gehirn aus. In den letzten drei Schwangerschaftsmonaten wächst das kindliche Gehirn in rasantem Tempo, und man vermutet, dass DHA dieses schnelle Wachstum wesentlich unterstützt.
Zudem wirkt sich DHA positiv auf die Funktionen der Sehzellen und damit auf die Sehschärfe aus. Ein Mangel an DHA während der fetalen Entwicklung hat höchstwahrscheinlich negative Folgen auf das Sehvermögen sowie die kognitiven Funktionen.
Auch Säuglinge brauchen Omega-3-Fettsäuren, um eine normale Entwicklung des Zentralen Nervensystems zu gewährleisten, wo sie unter anderem weiterhin für die Gehirn- und Sehleistung von Bedeutung sind. Ist die Mutter gut mit den langkettigen Fettsäuren versorgt, wird der Bedarf des Säuglings mit der Muttermilch gedeckt.
Auch der Einfluss von Omega-3-Fettsäuren auf die psychische Gesundheit wird derzeit von der EU untersucht. Ebenso zeigte sich in Studien, dass es einen Zusammenhang von Alzheimer und der Versorgung mit den Nährstoffen Omega-3-Fettsäuren, den Vitaminen B, C, D und E im Blut gibt. Senioren, welche hohe Werte aufwiesen, warn geistig fitter.
Nicht bestätigt hat sich übrigens die Theorie, eine gute Versorgung mit DHA könne einen positiven Einfluss auf das Gewicht des Kindes haben.
ALA benötigen wir einerseits zur Synthese von EPA und DHA. Andererseits zieht diese dreifach ungesättigte Fettsäure die Aktivität von Enzymen auf sich, die sonst Arachidonsäure und ihre schädlichen Verbindungen produzieren würden. Zusammen mit einem Abbauprodukt der Linolsäure entstehen aus ihr dagegen Stoffe, die einen positiven Einfluss auf die Blutgerinnung, auf die Funktion der Gefäßwände und auf Entzündungsprozesse haben. Alpha-Linolensäure wirkt also zweifach entzündungshemmend.
EPA ist der Ausgangsstoff zur Bildung einer weiteren Stoffgruppe, die für Körperfunktionen wie das Immunsystem, die Blutgerinnung, die Regulation von Blutdruck und Herzfrequenz benötigt wird.
DHA ist ein wichtiger Bestandteil der Zellmembranen des Zentralen Nervensystems, besonders in der Netzhaut des Auges, und ist für die Entwicklung des Gehirns beim Kind unerlässlich.
Beim
Erwachsenen sorgt DHA für das normale Funktionieren von Herz,
Immunsystem und wahrscheinlich auch anderer Organe. Nachgewiesen ist,
dass die langkettigen Fettsäuren EPA und DHA Herzrhythmusstörungen
vorbeugen können, instabile Gefäßregionen stabilisieren, das
Voranschreiten von Veränderungen der Herzkranzgefäße verlangsamen und
die Blutfette senken.
Beide
Fettsäuretypen, Omega-6 und Omega-3, können sich wie Konkurrenten
verhalten. Daher strebt man heute in der Aufnahme der beiden ein
Verhältnis von 5:1 an. Aktuell wird aber eher eine Relation von 10:1 bis
7:1 vermutet. Das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit nennt als
Lebensmittel mit einem günstigen Verhältnis Raps- und Sojaöl sowie
Fisch.
Früher hielten sich Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren etwa die Waage - heute hat sich das Verhältnis zugunsten der Omega-6-Fettsäuren verschoben. In den USA schätzt man, dass sich das Verhältnis innerhalb der letzten 50 Jahre von 3:1 auf 21:1 erhöht hat.
Dies hat seinen Grund in der einseitigen Förderung von Mais und Soja, die sehr hohe Mengen an Linolsäure aufweisen. Zusätzlich werden auch Rinder und Hühner mit diesen Pflanzen gefüttert.
Allerdings sollte man die lebensnotwendigen Fettsäuren kontrolliert zuführen. Nur in kleinen Mengen sind die Omega-3-Fettsäuren lebensnotwendig und gesund. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt täglich 1,7 Gramm bei einer Gesamt-Energieaufnahme von 2000 Kilokalorien. Vor zu hohen Dosen (über 3 Gramm EPA und DHA pro Tag) wird gewarnt, da die Blutgerinnungszeit verlängert werden kann.
Die Anreicherung von Nahrungsmitteln mit den langkettigen Fettsäuren ist unsinnig. Eier, Brot, Energydrinks und Babynahrung mit zugesetzten Omega-3-Fettsäuren verhindern ja gerade, dass man den Überblick über die aufgenommenen Mengen behält. Und solche Zusätze dienen eher dem Profit als der Gesundheit: Den Fischstäbchen eines bekannten Herstellers werden pro Packung 0,6 Gramm Omega-3-Fettsäuren in Form von Fischöl der Panade zugefügt und das Ganze als «was richtig Gesundes» beworben. Der Preis gegenüber dem «normalen» Produkt allerdings hat sich fast verdoppelt.
Als geeignete Nahrungsmittel werden Rapsöl, Nüsse,
Alpkäse und Fisch genannt.
Die empfohlene Menge 15–20 ml ist enthalten in:
Beim Fisch jedoch verweisen die Wissenschaftler auf «die Sorge um die Ökologie, die Ressourcen, die Kosten und die Toxizität», die «den Druck auf die Entwicklung von Alternativen erhöhen.» Daher kommen sie zu dem Schluss, dass «auch hoch-gereinigte Nahrungszusätze als Omega 3 Fettsäure Kapseln ihre Berechtigung» haben.
Für die
Einnahme von Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen gibt es für
eine ganze Reihe von Menschen gute Argumente: Nicht jeder mag Fisch, und
nicht jeder verträgt ihn. Für Vegetarier und Veganer sind auch
Fischölkapseln nicht geeignet.
Und selbst für Fischliebhaber sind magere Zeiten angebrochen: Die Bestände der wichtigsten Speisefische sind bis auf einen Bruchteil der früheren Fülle ausgeplündert. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ist mehr als die Hälfte aller Fischbestände bis an die biologische Grenze befischt. Ein weiteres Viertel ist schon überfischt beziehungsweise völlig erschöpft. Angesichts dieser Fakten ist die Empfehlung, mindestens zwei Fischmahlzeiten wöchentlich zu sich zu nehmen, doch recht unrealistisch.
Hinzu kommt: Viel Fisch bedeutet auch viele Schadstoffe.
Langlebige Raubfische speichern in ihrem Muskelfleisch
Methylquecksilber, das bereits ab einem monatlichen Fischverzehr von
etwa 100 Gramm (Schwertfisch) bis 400 Gramm (Thun) als bedenklich gilt.
Daher und wegen einer möglichen weiteren Belastung mit chlororganischen Verbindungen (PCB, Dioxine) sollen schwangere Frauen auf bestimmte Fischarten verzichten. Dazu zählen unter anderem Barsch, Hecht, Heilbutt, Rochen, Rotbarsch, Seeteufel, Steinbeißer und Stör.
Menschen,
die wenig oder keinen Fisch essen, können die gesunden Fette auch aus
Pflanzen zu sich nehmen; das wurde belegt. Die Wirkung auf das Herz ist
ähnlich gut wie bei Fisch, wie eine Studie an über 40 000 Männern in den
USA (2005) zeigte.